Was hat es eigentlich mit diesem inneren Schweinehund auf sich? Und warum meint er, immer wieder unsere Pläne durchkreuzen zu müssen?

Ein Dankeschön geht raus an Nellski, der in einem seiner letzten Kommentare den entscheidenden Impuls für dieses Video gesetzt hat. Ich hoffe, dass du oder ihr meine Ideen und Gedanken zum Thema innerer Schweinehund irgendwie für euch verwerten könnt. Sollte euch ebenfalls ein Wunschthema am Herzen liegen, schreibt es mir gerne in die Kommentare (auf YouTube) und sollte es irgendwie im Bereich meiner Möglichkeiten liegen, erstelle ich gerne einen neuen Videobeitrag zum Thema.

Hier gelangst du direkt zum Videobeitrag ‘Den inneren Schweinehund überwinden!:

Den inneren Schweinehund überwinden

Eine gewöhnliche Auseinandersetzung mit meinem inneren Schweinehund

Es ist Dienstagmorgen. Kinder füttern, Brotboxen klar machen, ein Auge aufs Zähneputzen haben, Ranzen und Klamotten kontrollieren, dafür sorgen, dass niemand den Schulbus verpasst … All das liegt gerade hinter mir. Die Versuchung ist groß sich gleich wieder ins Bett zu begeben, aber das geht natürlich nicht. In der Regel kümmere ich mich jetzt um ein paar Restarbeiten im Haushalt und fange dann sofort an zu Arbeiten. Doch heute regt sich eine Stimme in mir, die nach draußen und nicht direkt hinter den Rechner will. Frische Luft, Bewegung, Maßnahmen im Sinne meiner Gesundheit, die natürlich seit Tagen und Wochen wieder viel zu kurz kommen.

Die Stimme verlangt ein Zeitfenster von nur einer Stunde. Doch während ich hektisch meine Fahrradklamotten an den Start bringe, das Rad bereitstelle und die Trinkflasche fülle, erwacht das Biest in meinem Innern und stellt erschrocken fest, dass ich Opfer eines spontanen Fitnesswahns werde. Der Schweinehund macht mir das kalte und nasse Herbstwetter bewusst, die Tatsache, dass es im Wohnzimmer schön warm ist, dass ich noch nicht gefrühstückt habe, dass meine PCs sehnsüchtig auf mich warten und ich doch schön gemütlich, auf der Couch sitzend, an meinem neuen Buch arbeiten könnte.

Doch an diesem Morgen lasse ich ihm keine Chance. Ich höre nicht hin, nehme mir keine Zeit mich auf seine Überredungskünste einzulassen und schwinge mich aufs Rad. Die Entscheidung lohnt sich. Am Dorfausgang entdecke ich eine Schar Wildgänse, die sich gerade zum Abflug in den Süden bereitmachen. Ich schleiche mich an und als sie mich entdecken, heben sie mit ihren unnachahmlichen Rufen majestätisch ab und fliegen davon. Was für ein Naturschauspiel, das ich verpasst hätte, wenn ich zu Hause geblieben wäre. Auf dem Rückweg verfahre ich mich in meinem mir unbekannten Waldstück. Obwohl ich aufgrund der Witterungsverhältnisse heute eigentlich keine Trails fahren wollte, lande ich schließlich doch auf ein paar verwurzelten Pfaden und die eigentlich als Trainingsausfahrt geplante Runde ergänzt sich hervorragend um den Faktor Spaß. Demnach scheint es also richtig zu sein, dem inneren Schweinehund zu trotzen und sich von ihm die Freude am Leben nicht nehmen zu lassen.

Ist der innere Schweinehund ein fieser Widersacher?

Diesen Schweinehund allerdings als Widersacher zu verstehen, passt mir ein wenig zu blendend in unsere konditionierte Leistungsgesellschaft. Bloß nichts aufkommen lassen, was einen irgendwie davon abhalten könnte, Leistung zu zeigen oder in Bewegung zu bleiben. Wir kennen es alle: Nur keine Müdigkeit vortäuschen.

Doch wie es mit den inneren Stimmen meistens so ist, haben sie einen guten Grund, auf sich aufmerksam zu machen. Und gerade beim inneren Schweinehund bin ich mir ziemlich sicher, dass er eine wichtige Schutzfunktion hat. Er warnt mich davor, dass ich übertreiben, mich verletzen oder verausgaben könnte. Er will also verhindern, dass ich auf einem der Trails stürze oder eine ihre Jungtiere beschützende Wildschweinrotte meinen Weg kreuzt. Er glaubt auch, dass ich zu wenig anhabe und mich erkälten oder dass mich ein unachtsamer Autofahrer in den Graben schiebt. All diese Ereignisse würden meinen durchgetakteten Vormittag sprengen. Ich könnte unter Umständen meinen Aufgaben und Pflichten nicht mehr nachkommen, die aber wichtig für die reibungslosen Abläufe unseres Familienlebens sind. Stört meine Entscheidung also diese Abläufe, kann das zu Frust und Enttäuschung bei den anderen führen. Und diese Enttäuschung bzgl. meiner Entscheidung führt wiederum zu einer Verletzung in mir.

Krass. Wie weit dieser Schweinehund denkt. Welche Zusammenhänge ihm bewusst sind und worin sich sein eigentliches Anliegen begründet. Er sorgt sich um mich und will mich beschützen. Und je stärker der aktuelle Druck von außen ist, je massiver die Konsequenzen deiner Entscheidungen für dich ausfallen können, um so lauter wird seine Stimme und um so überzeugender seine Überredungskunst.

Aber auch wenn du während des Tages mehr oder weniger vor dich hingammelst und es dir schwerfällt, die Konsole Konsole oder den Fernseher Fernseher sein zu lassen, kann sich dein Schweinehund bemerkbar machen. Aber hat er auch dann eine warnende bzw. eine beschützende Funktion? Fragen wir ihn doch einfach.

Mit dem inneren Schweinehund in Kontakt treten

Innere Stimmen wollen beachtet werden. Sie brauchen Kommunikation. Wir müssen also mit ihnen sprechen. Hat sich der innere Schweinehund in einen inneren Kritiker verwandelt, der mich aus guten Gründen zurückhalten will, kann ich versuchen ihn davon zu überzeugen, dass ich gut auf mich achten werde. Will dich der innere Schweinehund einfach nur aus Bequemlichkeit an die Couch fesseln, dann überrede ihn mit dir zu kommen – was immer du auch gerade tun willst – und stelle ihm anschließend eine entsprechende Belohnung in Aussicht.

Um das Gespräch einfacher zu gestalten, können wir den inneren Schweinehund aus uns herausholen und ihn in eine fiktive Person umwandeln. Der beschützende Schweinehund könnte bspw. in der Person einer besorgten Mutter auftreten. Die oben genannten Sorgen und Ängste hätten genauso gut von ihr kommen können. Wie würdest du sie davon überzeugen, dass du gut auf dich aufpassen kannst und in einer Stunde wieder zurücksein wirst. Welche Sicherheitsmaßnahmen kannst du ihr anbieten? Das Handy eingeschaltet lassen, damit du im Notfall telefonieren kannst? Das GPS-Tracking aktivieren, damit dich im Falle eines Unfalls im Wald jemand findet? Usw. Beschwichtige deine Mutter bzw. deinen Schweinehund und dann geht’s los.

Handelt es sich eher um den Gammel-Schweinehund, stell dir einen imaginären Kumpel vor, der schon immer ein bisschen fauler war als du. Du willst eigentlich nur 1 Stunde spazieren gehen oder 5 km joggen? Erzähle ihm von zwei Stunden oder 10 Kilometern und lass dich auf dein ursprüngliches Ziel runterhandeln. Aber vielleicht reagiert dein Schweinehund auch genau andersherum? Diese Hunde sind vermutlich ziemlich individuell und niemand kennt deinen besser als du. Vielleicht sind ihm deine Zielvorstellungen viel zu träge und er braucht richtig Action, um von der Couch hochzukommen? In diesem Fall musst du dir einfach etwas gegenteiliges einfallen lassen.

Nicht immer ist von einem inneren Schweinehund die Rede

Mein Alltag ist voll. Vom morgendlichen Weckerklingeln bis zum allabendlichen Wegpennen auf dem Netflix-Sofa. Ergeben sich im Laufe des Tages Zeitfenster, von sagen wir einer Stunde, dann stehe ich oft vor der Wahl eine Runde spazieren zu gehen oder die Zeit zum Ausruhen zu nutzen, also vielleicht auch mal die Augen zuzumachen und ein bisschen zu schlafen. Hier gibt es gar keinen inneren Schweinehund. Beide Entscheidungen sind richtig. Bewegung ist gesund, aber auch Ruhe kann sich positiv auf Stress auswirken.

Unsere Situationen sind immer individuell und es lässt sich nichts pauschalisieren. Achte einfach auf dich, auf dein Bauchgefühl und deine inneren Stimmen. Trete mit ihnen in Kontakt und bring sie in Einklang. Dann läuft auch dein innerer Schweinehund.

Welchen Typ Schweinehund kennst du? Handelt es sich bei deinem inneren Haustier um einen beschützenden Hund oder ist er eher die Couchfessel? Wie gehst du mit ihm um? Wie begegnest du ihm?