Vor einigen Monaten haben verschiedene Gründe zu einer Reduzierung meines Angestelltenverhältnisses auf 50% geführt. Halbe Stelle. Im Gegenzug ist meine Frau auch auf Stellensuche gegangen und besetzt nun ebenfalls eine halbe Stelle. Zwei Tage in der Woche alleine zu Hause, mit phasenweise bis zu drei Kindern im Alter von 1 bis 7 Jahren. Kann nicht so schlimm werden, dachte ich mir. Meine bessere Hälfte hat es die letzten Jahre ja auch sehr gut gemeistert.
Das volle Programm
An einem der beiden Tage gehe ich das volle Programm. Von morgens halb neun bis abends um 22:30 Uhr. Bespaßung, Fütterung, Abholorganisation von Kindergarten sowie Schule, Mittagsschlaf des Jüngsten, nach Möglichkeit die Kinder an der frischen Luft bewegen, zur Nachmittagsentlastung ggf. Verteilung diverser Kinder an eventuell zur Verfügung stehende Babysitter, Wiedereinsammeln aller Kinder, Durchzählen, erneute Fütterung, Abendprogramm in Form von gemeinsamem Spielen mit anschließendem Insbettbringen der zwei Jüngsten, weiterführende Bespaßung für Fortgeschrittene (K1).
Läuft es richtig gut, sitz ich um 21:00 Uhr auf dem Sofa und bin in der Lage mich zu sammeln. Entweder ich konnte banale Nebenaktivitäten wie Küche in Schach halten/nach Gebrauch wieder in Schuss bringen, Wäsche waschen/aufhängen/abhängen/wegfalten/einsortieren, Wohnzimmer (mit teilintegrierten Spielestationen (Duploecke, Holzeisenbahnecke, Spielteppich, Leseecke, Malsachen aus Mamas Kreativschrank, usw.)) aufräumen irgendwie parallel abwickeln, andernfalls muss ich es jetzt noch tun. Oder ich unterlasse es, leg mich erledigt quer auf die Couch, nutznieße meinen Lieblingsstreaminganbieter und nehme in Kauf, dass die Frau nach Feierabend ein Trümmerfeld vorfindet und weinend wieder zurück zur Arbeit fährt.
Das halbe Programm
(Oh, draußen schneits! K3 schläft, K1 kann mal kurz iPad spielen, K2 ist bei einer Kindergartenfreundin – also raus Schnee schippen.) Wieder drin setze ich mich schnell vor den Rechner und versuche einen Artikel zu verfassen (diesen), den aufgrund der geringen Trafficzahlen meines nur rudimentär gepflegten SchaumImOhr-Blogs ohnehin kaum jemand lesen wird. Dann heißt es, in ähnlicher Manier wie gestern weiter machen, bis meine Frau zwischen sechs und halb sieben zu uns stößt und wir gemeinsam Abendessen können.
Zu zweit ist man zu Hause weniger allein
Es macht einen enormen Unterschied, ob man zu Hause zu zweit ist oder alleine. Die Arbeit wird deswegen nicht weniger, aber sie kann geteilt werden und geht einem leichter von der Hand. Das ermöglicht ‚Spielraum‘, in dem man sich mehr und bewusster auf die Kids einlassen kann. Plötzlich ist Platz für eine 1:1-Betreuung in der man bspw. mit K1 sehr viel ruhiger und freundlicher Hausaufgaben machen kann, ohne permanent durchs Wohnzimmer hechten und einen der Übriggebliebenen davor retten zu müssen irgendwo runter zu fallen.
Während ich gestern versucht habe mit K2 Erdnussbutterkekse zu backen, wäre K3 beinahe zwei mal vom Stuhl geplumpst und K1 an der Suche nach seinem verschwundenen Geldbeutel fast verzweifelt. Alleine gleichzeitig 3 Kinder komplett anzukleiden, damit sie vom Draußenspielen im Schnee nicht klatschnass wieder zurück ins Haus kommen, ist schwieriger als… welchen Beruf übst du nochmal aus? Ziehe selbst einen Vergleich.
Die totale Unterschätzung des Zuhauseseins
Ich hatte gedacht, dass es entspannt sein würde zukünftig zwei Tage zu Hause zu sein. Das ist es auch, aber auf eine andere Art und Weise als erwartet. Ich kann meinen Tagesablauf sehr viel selbstbestimmter gestalten, auch wenn ich Termine einzuhalten habe und Pflichten erfüllen muss. Aber ich kann das meiste bei Bedarf nackt, im ungebügelten Batman-Jumpsuit oder in Jogginghose absolvieren. Wenn mir alles zuviel wird, leg ich mich zehn Minuten auf die Couch und mach die Augen zu während sich der Rest mit Petterson und Findus vergnügt. (Tipp: Für den Fall, dass die Augen eine noch längere Auszeit beanspruchen, vorsichtshalber schon mal zwei weitere Folgen in die Playlist packen.)
Aber körperlich sowie nervlich geht so ein Alltag natürlich nicht spurlos an einem vorüber. Das ist in jedem Fall anstrengend und oft spürt man erst abends, was man tagsüber eigentlich geleistet hat. (Noch ein Tipp: Wenn du ein erfolgreicher Blogger werden willst, setzt du dich jetzt noch hin und schreibst bis Mitternacht Beiträge, pflegst deine sozialen Kanäle/Kontakte und optimierst deine Seite. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Hut ab vor denen, die hierzu noch die Power und das Durchhaltevermögen haben. Ehrgeiz, der mir leider viel zu oft abhanden kommt.)
Direkter Vergleich
Ich habe also den direkten Vergleich. Berufsalltag vs. Zuhausealltag. Beides hat seine Vorzüge, beides kann aber auch anstrengend sein. Sonderbar, wenn dem nicht so wäre. Worauf ich aber eigentlich hinaus will ist, dass ich (jetzt) die Verwunderung und den Ärger darüber verstehe, warum das eine wertgeschätzt und honoriert/bezahlt, das andere übersehen oder als Selbstverständlichkeit betrachtet wird. Ideen wie das bedingungslose Grundeinkommen könnten hier für Entlastung und Wertschätzung sorgen.
Und eins sei abschließend noch gesagt: Ich liebe meine Kinder über alles. Geld kann das was ich tagtäglich an Liebe und Vertrauen von ihnen zurückbekomme nicht aufwiegen. Aber dafür dass wir drei tatkräftige Steuerzahler heranziehen, von denen K1 den Mars besiedeln, K2 das globale Müllproblem beseitigen und K3 uns endlich den Weltfrieden bringen wird, halte ich ein zusätzliches Zuhausegehalt durchaus für gerechtfertigt. ;-)